LVII
Ella Ziegler
01.07.05 16.07.05
Ausstellungseröffnung Freitag, 01. Juli 2005 ab
20 Uhr
Finissage Samstag, 16. Juli 2005 ab 20 Uhr
Das Alltägliche scheint in seiner Gewöhnlichkeit
und der Gewöhnung seiner Protagonisten daran wenig
Platz für Unvorhergesehenes zu bieten. Während
unsere Aufmerksamkeit diese Gegebenheiten in der Regel
übergeht, ist es gerade deren Selbstverständlichkeit,
die Ella Zieglers Neugier anzieht: Die Künstlerin
befragt das Nebensächliche nach seiner Bedeutsamkeit,
sie erhebt das Beiläufige zum Thema ihrer Berichte
und zum Material ihrer Interventionen.
Ella Ziegler stellt Kunstwerke her, die weder zeitlich
noch räumlich zu fassen sind, jede ihrer Arbeiten
ist ist Teil einer andauernden Praxis, mehr als ein
Konzept und mehr als ein Prozess. In vorhandene Konstellationen
und Abläufe speist Ella Ziegler ihre eigenen erzählerischen
Episoden ein, sie produziert und sammelt Belege dafür,
dass die Grenzen zwischen dem Wahrscheinlichen und dem
Unwahrscheinlichen jederzeit überschritten werden
können. Damit findet ein punktueller Austausch
statt zwischen dem, wie es ist und seiner Aufhebung:
Ein Spiel mit den Potentialen des Utopischen.
Ella Ziegler operiert auf verschiedenen Ebenen, die
Grundlage ihrer Arbeit ist immer das Beobachten vorgefundener
Situationen. Die Motivation für dieses Nachgucken
entspringt nicht einem Gefühl der Vertrautheit,
sondern eher einem Misstrauen; dem Unbehagen darüber,
das vermeintlich Normale nicht zu kennen
und sich selbst darin nicht erkennen zu können.
Wenn Ella Ziegler ihr bekannte oder fremde Orte durchstreift,
ist das zunächst ein durchaus situationistisches
dérive: Ohne ihr Einverständnis zu dem Vorhandenen
zu erklären, nimmt die Künstlerin erst einmal
an, was sie findet. Sie wandert scheinbar absichtslos
durch Straßen und Räume, die vielleicht stimmen,
weil sie eben da sind, vielleicht aber auch nicht, wenn
man sie genauer betrachtet. Ella Ziegler geht ziellos
aber sorgfältig vor, und ganz unmerklich verliert
das Normale dabei seine vermeintliche Geschlossenheit,
seine undeutliche Flachheit: Im Gleichförmigen
öffnen sich Lücken und unerwartete Verbindungen
zwischen Dingen und Menschen, in denen beide als potentiell
Handelnde und Behandelte erkennbar werden.
So dient Ella Zieglers genaues Beobachten ihrer Umgebung
auch der eigenen Verortung Was Ziegler sieht,
beschreibt ihren Kontext, sie schreibt sich durch das
Anschauen in diesen Kontext ein und vergewissert sich
ihrer selbst als Beteiligte seiner Geschichten. Dabei
wahrt sie aber Distanz; die ganz normalen Umstände
bleiben Anführungszeichen vor und nach dem 'ich'.
(aus: Bettina Carl: ELLA ZIEGLER. Beutezüge)
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