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CAPRI LXII
Zwei Filme: GUTER URLAUB - SCHLECHTER URLAUB
Freitag, 03. Februar 2006

ZUHAUSE REISEN
Deutschland, 2005, 90 min. (Dt. mit engl. Untertiteln)
Buch/ Regie: Gert Bendel
Kamera: Jana Marsik, Ines Thomsen
Schnitt: Lars Späth
Musik: Kapajkos
Ton: Jan Bendel

„Du wirst nie ein Camper!“ – so wird der mehrfach fehlgeschlagene Versuch des Filmemachers Gert Bendel, ein Sonnensegel an seinem Wohnwagen „Parzelle“ zu befestigen, trocken kommentiert. Und es stimmt: Gert Bendel hat sich zwar für einen Sommer auf einem Campingplatz in Spandau einquartiert, um einen Film über den Mikrokosmos der Dauercamper zu machen, doch er tut nie anbiedernd so, als sei dies seine Welt. Durch seine aufgeschlossene und neugierige Art bringt er zwar den Alltag seiner Mitcamper ein wenig durcheinander, doch schon bald wird er in die Campinggemeinde als vollwertiges Mitglied aufgenommen. Obwohl er vieles anders macht als die anderen, wird sein Wohnwagen bald zum Treffpunkt für Gespräche und Feste mit viel Musik.
Gert Bendels Film ZUHAUSE REISEN ist ein Selbstversuch, der auf einfühlsame Weise Einblicke in eine Gesellschaft mit eigenen Regeln und Ritualen bietet – zwischen Fernweh und heiler Welt, Alltag und Abenteuer, Aufbau vor und Abbau nach der Saison.
(Birgit Kohler, Freunde der Deutschen Kinemathek e.V., Kino Arsenal, Internationales Forum des Jungen Films)
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VORFILM:

A Thousand Reasons Why To Become A Socialist. Part I
Norwegen 2003, 4 Min. (Norw. mit engl. Untertiteln)
Ein Film von Anne-Britt Rage

Anne-Britt Rages kurzer Film zeigt Ausschnitte aus dem Super 8 Material, das die Eltern der Künstlerin im Jahr 1976 während einer Kreuzfahrt durch die Karibik drehten. Rage ergänzt diese Aufnahmen mit einem Off-Text, der die lückenhaften Erinnerungen der damals Sechsjährigen mit den Anekdoten verknüpft, die ihre Eltern über die Reise erzählten.
Wenn man die ferienbunten Begegnungen von Passagieren und Einwohnern ansieht — Bilder, die den Abstand zwischen Arm und Reich, Oben und Unten, Weiß und Schwarz ebenso ungewollt wie unmissverständlich markieren — möchte man sich empört von diesen Verhältnissen distanzieren. Die sehr persönlichen Kommentare der Autorin zu diesem einseitigen Kamerablick aber machen klar, dass wir - die Zuschauer - uns nicht so einfach auf die Seite der Gerechten schlagen können, indem wir uns im Verein mit der Moral aus dem Bild / aus der Verantwortung stehlen. Da wir also immer Beteiligte sind, bleiben die möglichen Antworten auf Lenins Frage „Was tun?" ziemlich kompliziert.
(Bettina Carl)